Projektinhalte

futureAM – Next Generation Additive Manufacturing

Projektstruktur

Struktur und Handlungsfelder des futureAM-Leitprojekts.
© Fraunhofer-Gesellschaft e.V., München.
Struktur und Handlungsfelder des futureAM-Leitprojekts.

Zur Sicherung der Technologieführerschaft wird die additive Fertigung in futureAM systematisch in vier Handlungsfeldern, die von jeweils einem Institut koordiniert werden, weiterentwickelt:

  1. Industrie 4.0 und digitale Prozesskette
  2. Skalierbare und robuste AM-Prozesse
  3. Werkstoffe
  4. Systemtechnik und Automatisierung

Beispiele für die ambitionierten Projektziele in den vier Handlungsfeldern sind eine neuartige Software zur automatisierten AM-Bauteilidentifikation und -optimierung, ein skalierbares LPBF-Anlagenkonzept mit Produktivitätssteigerung (Faktor > 10), ein Verfahren sowie eine Systemtechnik zur Erzeugung ortsaufgelöster, maßgeschneiderter Multi-Materialeigenschaften und eine autonome Fertigungszelle für die Nachbehandlung von AM-Bauteilen.

Die Kooperationsplattform wird nicht nur durch die intensive Zusammenarbeit in und zwischen den einzelnen Handlungsfeldern geschaffen, sondern insbesondere durch den Aufbau eines »Virtual Lab«. Aus diesem heraus werden unter Beteiligung aller Partner Technologie-Demonstratoren entwickelt.

Industrie 4.0 und digitale Prozesskette

Handlungsfeld 1
Leitung: Fraunhofer IAPT

Skalierbare und robuste AM-Prozesse

Handlungsfeld 2
Leitung: Fraunhofer ILT

Werkstoffe

Handlungsfeld 3
Leitung: Fraunhofer IWS

Systemtechnik und Automatisierung

Handlungsfeld 4
Leitung: Fraunhofer IWU

 

Virtual Lab und Demonstratoren

Industrie 4.0 und digitale Prozesskette

Mit futureAM treibt die Fraunhofer-Gesellschaft die Weiterentwicklung der additiven Fertigung metallischer Bauteile systematisch voran! Dazu sind sechs erfahrene Institute im Bereich additive Fertigung eine strategische Projektpartnerschaft eingegangen.

Ziel des Fraunhofer IAPT im Projekt ist das Vorantreiben der Digitalisierung der additiven Fertigung entlang der gesamten Prozesskette mit Hilfe von Industrie 4.0 Technologien. Die Hauptzielstellungen sind:

  • AutoPartIO: Digitales Pre-Processing
    • Automatisierung von Bauteilselektion bezüglich AM-Potential
    • Automatisierung von Bauteiloptimierung durch eine erweiterbare Toolbox
  • Digitale Qualitätssicherung
    • Beurteilung der Bauteilqualität in Form der zu erwartenden Lebensdauer auf Basis von Daten aus der Prozessüberwachung
    • Entwicklung eines Tools zur Lebensdauervorhersage auf der Basis von bauteilspezifischen Defekten und Kenntnis der Anforderungen
  • Vernetzte Prozesskette auf Basis eines Digitalen Zwillings
    • Digitale Nachbildung der physischen Prozesskette mit Hilfe von speziellen Datenmodellen
    • Vollständige Nachvollziehbarkeit und Transparenz in der digitalen Prozesskette
© Fraunhofer IAPT, Hamburg.

AutoPartIO: Digitales Pre-Processing

Ziel ist die Entwicklung einer erweiterbaren Toolbox zur Simulation und Optimierung von AM-Bauteilen. Zunächst wird die Topologieoptimierung grundlegend mathematisch implementiert. Neben dem klassischen Ziel der Steifigkeitsoptimierung für den Leichtbau, werden auch Bionikelemente, Wärmetransport- und strömungsmechanische Problemstellungen betrachtet.

Substitution durch Bionische Elemente mit Hilfe von Topologieoptimierung.
© Fraunhofer IAPT, Hamburg.
Substitution durch Bionische Elemente mit Hilfe von Topologieoptimierung.

Bionik und Funktionen

Bionische Elemente können gegenüber der klassischen Topologieoptimierung zusätzlich positive Effekte erzeugen. Um solche bionische Grundformen nutzbar zu machen, müssen diese identifiziert und parametrisiert werden. Es ist es zielführend Bereiche gleicher Belastungsart durch geeignete bionische Features zu substituieren.

Die technische Abstraktion des biologischen Vorbildes und dessen parametrische Optimierung legt den Grundstein für diese Substitution. Auf diese Weise wird das volle Leichtbaupotential bionischer Formgebung ausgenutzt.

Restriktionen und Topologie

In der etablierten Topologieoptimierung werden prozess-, material- und anlagenspezifischen Eigenheiten und Restriktionen der Additiven Fertigung derzeit noch nicht ausreichend betrachtet. Es werden neue multifunktionale Zielfunktionen entwickelt, welche die direkte 3D-Druckbarkeit sicherstellen.

Applikationsbausteine des Computer-Aided-Function-Moduls.
© Fraunhofer IAPT, Hamburg.
Applikationsbausteine des Computer-Aided-Function-Moduls.

Computer-Aided-Function Modul

Die gesammelten Software Bausteine sollen des Weiteren in einer grafischen Benutzeroberfläche dem Nutzer zugänglich gemacht werden, um ohne umfassende Kenntnisse über AM, dennoch die Vorteile nutzen und eine Potentialabschätzung treffen zu können. Dies ist in Anlehnung an das Computer-Aided Design (CAD) unter dem Begriff Computer-Aided Function (CAF) zusammengefasst. Um dieses Ziel zu erreichen wurden zunächst die Aufgaben spezifiziert und die zu implementierenden Funktionen ausgearbeitet. Hierzu technische Applikationen wie aktive und passive Kühlkörper, Wärmetauscher und Strömungskörper wie die Venturi-Düse und die Mewis-Düse eines Schiffspropellers. Des Weiteren sollen die obengenannten parametrisierten bionischen Features und die Topologieoptimierung mit Rücksichtnahme auf prozess- und materialspezifische Restriktionen eingebaut werden. Um die Materialkennwerte und Restriktionen auf eine Anlage-Prozess-Material-Kombination kalibrieren zu können, wird weitergehend ein Satz an Prüfkörpern (CAF-Development Kit) zusammengestellt, mit dessen Hilfe die relevanten Kennwerte bestimmt werden können.

Skalierbare und robuste AM-Prozesse

Im Handlungsfeld 2 steht die Entwicklung von skalierbaren und robusten AM-Prozessen im Mittelpunkt. In der vertikalen Prozesskette fehlen neue Konzepte zur Skalierbarkeit der AM-Prozesse bezüglich Aufbaurate und Bauteilgröße (besonders beim Laser Powder Bed Fusion LPBF, auch bekannt als Selective Laser Melting SLM), um die Wirtschaftlichkeit auch für größere Stückzahlen zu erreichen. Darüber hinaus ist die direkte Fehlererkennung während des Fertigungsprozesses eine bisher nicht gelöste Aufgabenstellung.

Für das LPBF-Verfahren wurde ein neuer Auftragskopf entwickelt, der auch große Metallbauteile bis zu zehnmal schneller als übliche LPBF-Anlagen additiv herstellt. Die LPBF-Anlage bietet einen sehr großen, effektiv nutzbaren Bauraum (1000 mm x 800 mm x 500 mm).
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Für das LPBF-Verfahren wurde ein neuer Auftragskopf entwickelt, der auch große Metallbauteile bis zu zehnmal schneller als übliche LPBF-Anlagen additiv herstellt. Die LPBF-Anlage bietet einen sehr großen, effektiv nutzbaren Bauraum (1000 mm x 800 mm x 500 mm).
Nicht nur für das Beschichten rotationssymmetrischer Bauteile geeignet: Das EHLA-Verfahren wird nun für die additive Fertigung von 3D-Geometrien weiterentwickelt.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Nicht nur für das Beschichten rotationssymmetrischer Bauteile geeignet: Das EHLA-Verfahren wird nun für die additive Fertigung von 3D-Geometrien weiterentwickelt.
Maschine mit Multi-Diodenlaser-System. Zur Steigerung der Produktivität kommen Multi-Strahlquellensysteme zum Einsatz.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Maschine mit Multi-Diodenlaser-System. Zur Steigerung der Produktivität kommen Multi-Strahlquellensysteme zum Einsatz.
Großes Bauteil für die Luft- und Raumfahrt, hergestellt mit einer speziell ausgelegten LPBF-Maschine.
© Fraunhofer ILT, Aachen.
Großes Bauteil für die Luft- und Raumfahrt, hergestellt mit einer speziell ausgelegten LPBF-Maschine.

Skalierbares LPBF Anlagenkonzept mit Produktivitätssteigerung um den Faktor 10

Im Rahmen von futureAM haben die Wissenschaftler am Fraunhofer ILT ein Maschinenkonzept zum LPBF von großen Metallbauteilen konzipiert. Für die Laboranlage mit ihrem sehr großen, effektiv nutzbaren Bauraum (1000 mm x 800 mm x 500 mm) wurde ein neuer Laserkopf entwickelt, der die Produktivität im Vergleich zu üblichen LPBF-Anlagen um den Faktor 10 steigert.

 

EHLA für das Additive Manufacturing

Um eine mehrfach preisgekrönte Technik geht es beim Extremen Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen EHLA, mit dem sich Bauteile besonders wirtschaftlich und gleichzeitig umweltfreundlich beschichten, reparieren oder additiv fertigen lassen. Bewährt hat es sich bereits beim sehr schnellen Auftragen von dünnen Schutzschichten, beispielsweise auf meterlange Offshore-Zylinder. Bisher kam EHLA nur bei rotationssymmetrischen Teilen zum Einsatz. Im nächsten Schritt steht nun das Erzeugen von 3D-Geometrien an. Dazu entsteht in Aachen eine Prototyp-Anlage, auf der das Werkstück hochdynamisch mit bis zum Fünffachen der Erdbeschleunigung unter der EHLA-Pulverdüse bewegt wird.

 

Direkte Fehlererkennung

Außerdem arbeiten die Aachener Wissenschaftler an neuen Methoden zur Überwachung des metallischen 3D-Drucks, um die Prozessrobustheit zu steigern. Mit Körperschallsensoren in der Bauplattform werden künftig kritische Ereignisse wie etwa das Abreißen von Stützstrukturen detektiert. Ebenfalls im Ultraschallbereich arbeiten Sensoren, die den Luftschall analysieren, um die Bauteilqualität zu ermitteln. Noch einen Schritt weiter in die Zukunft gehen Forschungen zur laserbasierten Ultraschallmessung, bei der ein gepulster Laser im Bauteil Körperschall induziert, den wiederum ein Laservibrometer erfasst. An Ort und Stelle sollen sich damit winzige Poren aufspüren lassen, um im Prozess sofort regelnd eingreifen zu können. Das In-situ-Messverfahren soll es zum Beispiel ermöglichen, problematische Stellen mit einem weiteren Belichtungsvorgang nachzubearbeiten.

 

Prozessrobustheit und extreme Aufbauraten

Die Steigerung der Prozessrobustheit wird durch die Integration qualitätssichernder Werkzeuge in (hybride) Fertigungsanlagen, z. B. zur geometrischen Erfassung und In-situ-Prozessanalyse erreicht. Neben der Inline-Messung und Qualitätssicherung ist die Identifikation eines robusten Prozessfensters für verschiedene Werkstoffe, Maschinen, Strahlquellen etc. für den flächendeckenden industriellen Einsatz unabdingbar.

Die Entwicklung eines Prozesses zum Volumenaufbaumit Laser Material Deposition LMD mit extremen Aufbauraten hat das Ziel, den €/cm³-Preis des aufgebauten Materials zu senken.

Qualitätssicherung von Pulvern.
© Fraunhofer IFAM, Bremen.
Qualitätssicherung von Pulvern.
Pulvermodifikation.
© Fraunhofer IFAM, Bremen.
Pulvermodifikation.

Qualitätssicherung von Pulvern

Ziel ist, die Entwicklung einer Inline-Qualitätssicherung von Pulvern durch Messverfahren, die in unmittelbarer Nähe des Bauvorgangs positioniert sind. Die Idee hinter dieser Forschung entstand durch die Erkenntnis, dass Pulver, besonders deren Größenverteilung, sich beim Transport durch Erschütterung ungleichmäßig verteilt. Dementsprechend muss sichergestellt werden, dass die Produktionssysteme kontinuierlich mit der gleichen Pulverqualität versorgt werden. Erreicht wird das Ziel durch die Simulation des Transportverhaltens mit anschließender Pulverkontrolle. Dazu hat das IFAM Bremen einen Prüfstand entwickelt und prüft verschiedene Werkstoffe.

 

Pulvermodifikation

Hohe Pulverpreise ergeben hohe Produktionskosten. Die meisten LPBF-Verfahren benötigen zur Herstellung von Bauteilen sphärisches Pulver. Das Ziel einer Entwicklung und Erprobung von Modifikationsverfahren, die Pulver aus alternativen Herstellrouten für die AM-Anwendung erschließen, dient zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber konventionellen Produktionsarten. Am IFAM werden verschiedene Modifikationsmethoden erprobt, die die Pulver in ihrer Fließfähigkeit verbessern.

Werkstoffe

Die Fraunhofer-Wissenschaftler verfolgen im futureAM-Handlungsfeld »Werkstoffe« zwei übergeordnete Ziele:

  1. Das Spektrum additiv verarbeitbarer Materialien nachhaltig zu erweitern: Der Fokus liegt hier auf schwer verarbeitbaren Hochleistungslegierungen, wie Nickel-Basis-Superlegierungen.
  2. Innovative Methoden entwickeln, die es erlauben mehrere Werkstoffe innerhalb eines Bauteils zu verarbeiten: So sollen Bauteile nicht nur leichter sondern auch kostengünstiger werden.
Mittels Laser-Pulver-Auftragschweißen lassen sich Bauteile aus verschiedenen Materialien integral fertigen. So können spezifische Materialien an genau den Orten platziert werden, an denen deren Eigenschaften benötigt werden. Dies stellt beispielweise leichtere, bessere und kostenreduzierte Schaufeln für Gasturbinen in Aussicht.
© Fraunhofer IWS, Dresden.
Mittels Laser-Pulver-Auftragschweißen lassen sich Bauteile aus verschiedenen Materialien integral fertigen. So können spezifische Materialien an genau den Orten platziert werden, an denen deren Eigenschaften benötigt werden. Dies stellt beispielweise leichtere, bessere und kostenreduzierte Schaufeln für Gasturbinen in Aussicht.
EDX-Mapping: Die chemische Analyse einer Testgeometrie weist den Materialübergang nach. Die Farben veranschaulichen den stetigen Übergang von der Kobaltbasislegierung Merl 72 zur Nickel-Basis-Superlegierung IN 718 (gelb: Kobalt, blau: Nickel, orange: Aluminium).
© Fraunhofer IWS, Dresden.
EDX-Mapping: Die chemische Analyse einer Testgeometrie weist den Materialübergang nach. Die Farben veranschaulichen den stetigen Übergang von der Kobaltbasislegierung Merl 72 zur Nickel-Basis-Superlegierung IN 718 (gelb: Kobalt, blau: Nickel, orange: Aluminium).

Anhand spezieller Hochleistungslegierungen untersuchen sie das Zusammenspiel unterschiedlicher Parameter und deren Einfluss auf den Fertigungsprozess. Nickel-Basislegierungen gelten als nur schwer bis nicht schweißbar. Nur wenn das Zusammenspiel aus Temperatur, Material, Förderrate etc. genau aufeinander abgestimmt sind, gelingt es, einen stabilen Schweißprozess einzustellen. Alle Stellschrauben müssen exakt justiert sein, um die jeweils richtige Rezeptur finden. Zusätzlich entstehen während des Forschungsprozesses derart große Datenmengen (»Big Data«), dass diese für den Menschen nur noch schwer zu durchschauen sind. Um dennoch verborgene Zusammenhänge in den Signalfluten auszumachen, nutzen die Fraunhofer-Experten fortgeschrittene Methoden der »Künstlichen Intelligenz« (KI) und des »Maschinellen Lernens«. Mit der Zeit lernen die Maschinen, selbstständig Entscheidungen zu treffen. Zum Beispiel erkennen sie selbst, ob sich ein leichter Temperaturanstieg im Schweißprozess tolerieren lässt oder ob sie sofort gegensteuern müssen, bevor ein Bauteil als Ausschuss klassifiziert werden muss.

 

Ergebnis 1: Laser schweißt Nickel-Basislegierungen

Den Fraunhofer-Wissenschaftler gelang es, die als nicht schweißbar geltende Nickel-Basislegirung MAR-M 47 defektfrei zu verarbeiten. Dafür nutzten sie den Prozess des Laser-Auftragschweißens. Die Verarbeitung gestaltete sich als Herausforderung, da diese nur sehr kleinen Prozessfenstern erfolgreich durchgeführt werden kann. So reißen diese Legierungen beispielsweise bei der Verarbeitung schnell, wenn sie abkühlen. Zum Einsatz kam ein am Fraunhofer IWS entwickeltes Induktionssystem, das es ermöglicht, die Prozessrandbedingungen auf die jeweilige Anwendung hin maßzuschneidern. Um die thermischen Bedingungen einzuhalten, ist tiefgreifendes Prozessverständnis notwendig, damit nach eingehenden Testreihen die exakt passfähige Anwendung entsteht.

 

Ergebnis 2: Laser-Auftragschweißen erlaubt Multi-Material-Bauweise

Eine weitere Erkenntnis des Handlungsfelds: Ein Bauteil lässt sich aus verschiedenen Materialien ohne nachgelagerte Fügeprozesse maßgeschneidert herstellen. So gelang es den Fraunhofer-Forschern einen gradierten Materialübergang von Inconel 718 zu Merl 72 herzustellen. Nicht nur sind so unterschiedliche Funktionen realisierbar, auch lassen sich verschiedene Materialien exakt dort im Bauteil platzieren, wo sie für die spätere Anwendung am besten geeignet sind. Damit stießen die futureAM-Forscher die Tür für neue Funktionen und Anwendungen weit auf, die mit herkömmlicher Bauweise nicht zu erschließen sind, wie beispielsweise leichtere und auf höhere Temperatur ausgelegte Turbinenschaufeln.

Integration neuer Werkstoffkonzepte mittels »Werkstoffbaukasten«.
© Fraunhofer IFAM, Bremen.
Integration neuer Werkstoffkonzepte mittels »Werkstoffbaukasten«.

Integration neuer Werkstoffkonzepte

Aktuell stehen verhältnismäßig wenige Materialien kommerziell zur Verfügung. Bisher nicht verarbeitbare Stähle sollen additiv durch Pulvermischungen hergestellt werden. Dazu wird ein »Werkstoffbaukasten« entwickelt. Dieser enthält Masteralloys, Elementpulver, aber auch vorlegierte Stähle denen andere Pulver zugegeben werden können, um bestimmte Eigenschaften anzupassen.

Systemtechnik und Automatisierung

Das Handlungsfeld 4 beschäftigt sich mit der Entwicklung von Systemtechnik, die eine automatisierte Herstellung funktionsintegrierter Bauteile mithilfe pulverbettbasierter additiver Fertigungsprozesse sowie die autonome Nachbearbeitung additiv gefertigter Bauteile erlaubt.

Mit einer automatisierten Komponentenintegration beim Laserstrahlschmelzen können manuelle Prozessschritte während des Fertigungsprozesses reduziert, Prozessunterbrechungen vermieden und damit die Reproduzierbarkeit der Bauteileigenschaften verbessert werden. Eine zusätzliche Funktionalität der aufgebauten Strukturen lässt sich durch Multimaterialfertigung erreichen, die durch lokale Anpassung der Werkstoffeigenschaften anspruchsvolle Anwendungsgebiete erschließt.

Zur Demonstration der autonomen mechanischen Nachbearbeitung additiv hergestellter Bauteile wird eine Fertigungszelle entwickelt, die auf einem wandlungsfähigen, sich entsprechend der Prozessanforderungen selbstkonfigurierenden Maschinenkonzept basiert. Der Demonstrator umfasst Hardwaremodule für Handling, Bauteilidentifizierung, Pulverentfernung, Entfernung von Supportstrukturen, mechanische Nachbearbeitung und optische Bauteilvermessung.

Multimaterialfertigung: Dispenser und Saugmodul innerhalb der Baukammer einer Laserstrahlschmelzanlage.
© Fraunhofer IWU, Chemnitz.
Multimaterialfertigung: Dispenser und Saugmodul innerhalb der Baukammer einer Laserstrahlschmelzanlage.

Multimaterialfertigung

Am Fraunhofer IWU wird ein neues Konzept zur Kombination der geometrischen Flexibilität von pulverbettbasierten Verfahren mit der Multimaterialfertigung verfolgt. Die systemtechnischen Voraussetzungen wurden im Projekt durch den Einbau eines Handlingsystems mit Dispenser und Saugmodul zur lokalen Pulverentfernung geschaffen. Im Bauraum der Laserstrahlschmelzanlage wird zunächst das Pulver aus den Vertiefungen im bereits verfestigten Bereich des Bauteils entfernt. Anschließend wird mit einer Paste eine Struktur lokal durch einen Dispenser eingebracht. Im Projekt werden Aushärte- und Sinterprozesse entwickelt, die eine definierte Erzeugung gewünschter Materialeigenschaften wie elektrische Leitfähigkeit oder Isolation ermöglichen.

Komponentenintegration

Um Halbzeuge, Sensoren oder Aktuatoren in ein Bauteil einzubringen, ohne die Baukammer der Laserstrahlschmelzanlage zu öffnen, wird die am Fraunhofer IWU entwickelte Systemtechnik zur Multimaterialfertigung um einen Greifer ergänzt. Zur Demonstration der Funktionsfähigkeit dient ein glasgekapselter RFID-Transponder, der in einer Kavität dicht unter der Oberfläche des hergestellten Bauteils platziert und im weiteren Bauprozess dicht im Bauteil eingeschlossen wird. Mithilfe dieses Transponders können Informationen über den Herstellungsprozess oder Bauteileigenschaften abgespeichert, ausgelesen und auch im späteren Einsatz ergänzt werden.

Autonome Nachbearbeitung: Konzept der Fertigungszelle zur autonomen Nachbearbeitung additiv gefertigter Bauteile.
© Fraunhofer IWU, Chemnitz.
Autonome Nachbearbeitung: Konzept der Fertigungszelle zur autonomen Nachbearbeitung additiv gefertigter Bauteile.

Autonome Nachbearbeitung

Das am Fraunhofer IWU entwickelte modulare Konzept der wandlungsfähigen Zelle zur autonomen Nachbearbeitung additiv hergestellter Bauteile ermöglicht es, die Zelle als flexiblen Technologiedemonstrator für verschiedenste Komponenten und Lösungswege zur Fertigung von Produkten in Losgröße 1 zu nutzen. Zusatzkomponenten lassen sich schnell und flexibel in die Prozesskette einbinden, was auch durch das entwickelte Steuerungskonzept unterstützt wird.

Aufgrund der hohen Geometrievarianz der additiv hergestellten Bauteile kommt eine Toolbox verschiedener Greif- und Spannstrategien zum Einsatz. Die Auswahl der geeigneten Strategie ist letztlich abhängig von der Geometrie des Bauteils, den geplanten Bearbeitungen sowie den zu realisierenden Stückzahlen.

Bei der Zerspanung mit Industrierobotern sind eine hohe Struktursteifigkeit und eine genaue Bahnplanung für die erreichbare Fertigungsqualität maßgeblich. Mithilfe eines Analysemodells werden Bereiche im Arbeitsraum identifiziert, in denen die Steifigkeit für den Bearbeitungsprozess günstig ist. Das Modell ermöglicht es außerdem, die Werkzeug-Fehlstellung steuerungsseitig zu kompensieren.

Für die Bauteilnachbearbeitung erfolgt zunächst eine optische Bauteilvermessung. Die gewonnene Punktwolke wird in ein 3D-Modell der Ist-Geometrie überführt. Bahnplanung und Werkzeugauswahl für die roboterbasierte Nachbearbeitung erfolgen anhand der Abweichungen von der Soll-Geometrie aus der Bauteilkonstruktion. Nach der Bearbeitung wird das Bauteil erneut vermessen. Dieser Prozess wird iterativ wiederholt, bis die festgelegte Bauteilqualität erreicht ist.

Bauteilidentifizierung: Erzeugung eines QR-Codes durch oberflächennahe Hohlräume im Bauteil, Auslesen durch Ultraschallmessung und Bildbearbeitung zum Abgleich mit dem Original.
© Fraunhofer IWU, Chemnitz.
Bauteilidentifizierung: Erzeugung eines QR-Codes durch oberflächennahe Hohlräume im Bauteil, Auslesen durch Ultraschallmessung und Bildbearbeitung zum Abgleich mit dem Original.

Bauteilidentifizierung

Eine autonome Nachbearbeitung additiv gefertigter Bauteile setzt die sichere Identifizierung des Bauteils im jeweiligen Prozessschritt voraus. Nur so können Produktinformationen mit Prozessparametern verknüpft und die Prozesskette für jedes Bauteil nachverfolgt werden. Am Fraunhofer IWU werden Messverfahren zur taktzeitkompatiblen Erkennung von definierten Hohlräumen im oberflächennahen Bereich des Bauteils, z. B. in Form von QR-Codes, entwickelt. Die zum echtzeitfähigen Auslesen der Informationen notwendigen Algorithmen sind ein wichtiger Bestandteil der Arbeiten.